Stille Rebellen – Chinas Muslime
2000, 45’, ORF
Auch heute kämpfen die Angehörigen der muslimischen Volksgruppe in China um ihre religiöse und kulturelle Identität. Derzeit leben mehr als 20 Millionen Muslime in der chinesischen Volksrepublik — mehr als in Libyen, Saudi-Arabien, Jordanien, Syrien oder im Irak — und sie beginnen, mehr Rechte für sich zu fordern. Eine Tatsache, die die kommunistischen Machthaber in wachsendem Ausmaß beunruhigt. Viele der chinesischen Muslime leben in krisenanfälligen Randgebieten, sind wirtschaftlich und sozial oft schlechter gestellt als die Han-Chinesen, von denen sie häufig mit Misstrauen, Furcht, ja sogar Abscheu wegen ihrer völlig anderen Religion und Tradition bedacht werden.
Auf dem Papier garantierte die chinesische Verfassung zwar schon seit langem die Freiheit des Glaubens und die freie Religionsausübung, aber tatsächlich möglich ist dies erst, seit die chinesische Regierung auf einen Reformkurs umgeschwenkt hat. Dennoch gilt auch heute noch: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser — die Regierung lässt die Religionsgemeinschaften durch eine Reihe von Aufsichtsorganen überwachen und kontrollieren.
Susanne Brandstätter ist es gelungen, in ihrer Dokumentation den Alltag der chinesischen Muslime zu zeigen, der sich in manchen Punkten sehr vom Leben der Muslime in der arabischen Welt unterscheidet: In China ist die Stellung der Frau oft besser. Hier gibt es zumindest ein paar Moscheen, die ausschließlich für Frauen da sind, und in der Provinz Yunnan, im Süden Chinas, bekleidet sogar eine junge Frau, die neunzehnjährige Selime Ma Gui Pin, das hohe Amt eines religiösen Führers, Ahong genannt. Naturnah gibt es in China auch religiöse Fundamentalisten unter den Muslimen, zum Beispiel in der Provinz Xinjiang, die mit Hilfe ausländischer Unterstützung eine eigene islamische Republik erzwingen wollen. Das ist aber eher die Ausnahme, nicht die Regel. Die meisten der chinesischen Muslime sind nach wie vor „Stille Rebellen“, Bürger, die nichts anderes wollen, als gewaltfrei ihre ethnische Identität und ihren muslimischen Glauben zu verteidigen. Eines ist jedoch sehr deutlich zu spüren: die Angst der Muslime vor staatlichen Repressalien. Viele geben sich sehr zurückhaltend — und wagen ihre Kritik nur sehr vorsichtig auszudrücken.
Hintergrundbericht:
Im Jahr der Dreharbeiten stimmte das Chinesische Fernsehen erstmals einer Zusammenarbeit mit der Religionsabteilung des Österreichischen Fernsehens ORF zu. Eine überraschende Entscheidung. Denn Religion ist nach wie vor ein heißes Eisen in China. Der Fernsehsender CCTV teilt die offizielle atheistische Haltung der Regierung und erteilt deshalb im Allgemeinen keine Drehgenehmigung für religiöse Themen. Dennoch suchte die Regisseurin Susanne Brandstätter um Genehmigung an, einen Film über die muslimische Volksgruppe in China zu drehen — und war gar nicht überrascht, als ihr Ansuchen vorerst einmal abgelehnt wurde. Nach langen, mühseligen Verhandlungen gelang es schließlich doch, dieses Projekt durchzusetzen: Susanne Brandstätter und ihr Team sind weltweit die ersten, die seit der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am Tien Amen Platz, 1989, einen Film über ethnische und religiöse Minderheiten in China drehen durften. Ausschlaggebend dafür war auch, dass die Regisseurin bereits mehrere Dokumentationen in China gedreht hatte und sich dort einen Ruf als kompetente Dokumentarfilmerin erworben hatte.
Einer ihrer Filme — „Heilung auf Chinesisch“ — wurde sogar vom Chinesischen Fernsehen gekauft, chinesisch synchronisiert und landesweit ausgestrahlt.
Susanne Brandstätter, eine gebürtige Amerikanerin aus Los Angeles und seit 1978 österreichische Staatsbürgerin, hatte schon Erfahrung mit Chinas Aufsichtsorganen, die sie bei jedem Filmprojekt überwachten. Diesmal führten aber die ständige Beobachtung und das Eingreifen der Zensoren zu großen Schwierigkeiten: Ohne jede Begründung wurden Drehorte und Interviews im letzten Moment abgesagt. Trotz alledem gelang es dem Team, einen einzigartigen und ungewöhnlichen Einblick in den Alltag und in die Probleme der muslimischen Bevölkerung Chinas zu geben.
2000, 45’, ORF
Auch heute kämpfen die Angehörigen der muslimischen Volksgruppe in China um ihre religiöse und kulturelle Identität. Derzeit leben mehr als 20 Millionen Muslime in der chinesischen Volksrepublik — mehr als in Libyen, Saudi-Arabien, Jordanien, Syrien oder im Irak — und sie beginnen, mehr Rechte für sich zu fordern. Eine Tatsache, die die kommunistischen Machthaber in wachsendem Ausmaß beunruhigt. Viele der chinesischen Muslime leben in krisenanfälligen Randgebieten, sind wirtschaftlich und sozial oft schlechter gestellt als die Han-Chinesen, von denen sie häufig mit Misstrauen, Furcht, ja sogar Abscheu wegen ihrer völlig anderen Religion und Tradition bedacht werden.
Auf dem Papier garantierte die chinesische Verfassung zwar schon seit langem die Freiheit des Glaubens und die freie Religionsausübung, aber tatsächlich möglich ist dies erst, seit die chinesische Regierung auf einen Reformkurs umgeschwenkt hat. Dennoch gilt auch heute noch: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser — die Regierung lässt die Religionsgemeinschaften durch eine Reihe von Aufsichtsorganen überwachen und kontrollieren.
Susanne Brandstätter ist es gelungen, in ihrer Dokumentation den Alltag der chinesischen Muslime zu zeigen, der sich in manchen Punkten sehr vom Leben der Muslime in der arabischen Welt unterscheidet: In China ist die Stellung der Frau oft besser. Hier gibt es zumindest ein paar Moscheen, die ausschließlich für Frauen da sind, und in der Provinz Yunnan, im Süden Chinas, bekleidet sogar eine junge Frau, die neunzehnjährige Selime Ma Gui Pin, das hohe Amt eines religiösen Führers, Ahong genannt. Naturnah gibt es in China auch religiöse Fundamentalisten unter den Muslimen, zum Beispiel in der Provinz Xinjiang, die mit Hilfe ausländischer Unterstützung eine eigene islamische Republik erzwingen wollen. Das ist aber eher die Ausnahme, nicht die Regel. Die meisten der chinesischen Muslime sind nach wie vor „Stille Rebellen“, Bürger, die nichts anderes wollen, als gewaltfrei ihre ethnische Identität und ihren muslimischen Glauben zu verteidigen. Eines ist jedoch sehr deutlich zu spüren: die Angst der Muslime vor staatlichen Repressalien. Viele geben sich sehr zurückhaltend — und wagen ihre Kritik nur sehr vorsichtig auszudrücken.
Hintergrundbericht:
Im Jahr der Dreharbeiten stimmte das Chinesische Fernsehen erstmals einer Zusammenarbeit mit der Religionsabteilung des Österreichischen Fernsehens ORF zu. Eine überraschende Entscheidung. Denn Religion ist nach wie vor ein heißes Eisen in China. Der Fernsehsender CCTV teilt die offizielle atheistische Haltung der Regierung und erteilt deshalb im Allgemeinen keine Drehgenehmigung für religiöse Themen. Dennoch suchte die Regisseurin Susanne Brandstätter um Genehmigung an, einen Film über die muslimische Volksgruppe in China zu drehen — und war gar nicht überrascht, als ihr Ansuchen vorerst einmal abgelehnt wurde. Nach langen, mühseligen Verhandlungen gelang es schließlich doch, dieses Projekt durchzusetzen: Susanne Brandstätter und ihr Team sind weltweit die ersten, die seit der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am Tien Amen Platz, 1989, einen Film über ethnische und religiöse Minderheiten in China drehen durften. Ausschlaggebend dafür war auch, dass die Regisseurin bereits mehrere Dokumentationen in China gedreht hatte und sich dort einen Ruf als kompetente Dokumentarfilmerin erworben hatte.
Einer ihrer Filme — „Heilung auf Chinesisch“ — wurde sogar vom Chinesischen Fernsehen gekauft, chinesisch synchronisiert und landesweit ausgestrahlt.
Susanne Brandstätter, eine gebürtige Amerikanerin aus Los Angeles und seit 1978 österreichische Staatsbürgerin, hatte schon Erfahrung mit Chinas Aufsichtsorganen, die sie bei jedem Filmprojekt überwachten. Diesmal führten aber die ständige Beobachtung und das Eingreifen der Zensoren zu großen Schwierigkeiten: Ohne jede Begründung wurden Drehorte und Interviews im letzten Moment abgesagt. Trotz alledem gelang es dem Team, einen einzigartigen und ungewöhnlichen Einblick in den Alltag und in die Probleme der muslimischen Bevölkerung Chinas zu geben.